Der Österreichische Turnerbund (ÖTB) veranstaltete ein nationales Turntreffen, bei dem ein “Pflichtlied” über das Verbrennen von Menschen in Öfen gesungen wurde. Mitten drin: Die FPÖ. Udo Landbauer hielt eine Festrede und sprach über den ÖTB als “Bewahrer des Kulturguts”. Bei der Kontroverse um die nationalsozialistischen Verstrickungen des ÖTB fragt man sich: Um welche Kultur geht es hier?
Beim diesjährigen Bundesjugendturnfest des ÖTB in Mödling wurde ein Lied mit verstörendem Inhalt gesungen. Der Text des „Pflichtlieds“ beschreibt das Verbrennen von Menschen im Ofen. Nicht aber nur der Liedtext ist verstörend: Beim Turnfest waren mehrere rechtsextreme Identitäre zu sehen. Dabei richtet sich das Fest vor allem an Kinder und Jugendliche.
Mitten drin war auch der NÖ FPÖ-Chef Udo Landbauer. Er hielt eine Rede und lobte den ÖTB für seine Volkskultur. Neben dem “Pflichtlied” sangen die Kinder auch andere Lieder, die aus der NS-Zeit stammen. Auch an einer Fahnenparade mussten die Kinder teilnehmen. Weiters gab es andere militärische und nationalsozialistische Traditionen wie einen “Spielmannszug”, also eine militärische Musikgruppe, die die Eröffnungsfeier begleitete.
Nein, nein, nein, âber nein!
Alleweil känn ma nit, wânn ma will, därf ma nit,
nein, nein, nein, àber nein!
Alleweil kann ma nit lustig sein.
Jâ, jâ, jâ, âber já!
Wänn die Leit grantig sein, schiabt mas in’ Ofen nein,
jà, ja, jã,âber ja!
schiabt mas in’ Ofen nein und heizt ein! (Der Text des umstrittenen “Pflichtlieds”)
ÖTB-Kontroverse: Der Turnerbund und seine nationalsozialistischen Wurzeln
Der Österreichische Turnerbund (ÖTB) ist mit über 44.000 Mitgliedern eine der größten Sportorganisationen in Österreich. Dabei ist die Organisation historisch eng mit dem Nationalsozialismus verknüpft. Friedrich Ludwig Jahn, der „Turnvater“, war ideologischer Vorreiter des ÖTB. Er ist durch seine antisemitische und antiziganistische Ideologie bekannt. Beim Turnen ging es ihm vor allem darum, junge Burschen auf das Militär vorzubereiten.
Schon vor 1938 galt der Turnerbund als Vorfeldorganisation der österreichischen Nationalsozialisten. Nach dem “Anschluss” sah sich der Turnerbund als wichtige Bewegung für die nationalsozialistische Erziehung. Deswegen wurden nach 1945 die Mitgliedsvereine des damaligen Deutschen Turnerbunds als nationalsozialistisch eingestuft und verboten. Erst 1952 wurde der ÖTB neu gegründet.
Der ÖTB veranstaltet heute noch jährliche „Jahnwanderungen“ und würdigt Friedrich Ludwig Jahn in seinen Publikationen als „Orientierung für uns Heutige“. Von dem “Turnvater” stammt auch das Motto „Frisch, fromm, fröhlich, frei“, das bis heute vom ÖTB verwendet wird. Das Motto wird gerne mit den vier F abgekürzt, die so angeordnet werden, dass sie ein Hakenkreuz bilden.
Bei diesen Verbindungen ist es also kaum überraschend, dass die Lieder des ÖTB, wie das oben zitierte “Pflichtlied”, eine klare Parallele zur nationalsozialistischen Propaganda aufweisen. Auch heute noch werden also Kinder mit rechtsextremem Gedankengut indoktriniert.
Landbauer beim Turnerbund: FPÖ und ÖTB
Udo Landbauer lobte in seiner Rede den ÖTB und ging ganz besonders auf den tollen Gesang ein. Landbauer selbst ist ein langjähriger Burschenschafter. Durch seine Anwesenheit und seine lobenden Worte unterstreicht er das, was bereits bekannt ist: Die enge und kontroverse Verbindung zwischen der FPÖ und dem ÖTB.
Ein prominentes Beispiel für diese Verbindungen ist der FPÖ-EU-Abgeordnete Roman Haider. Haider ist stellvertretender Obmann des ÖTB-Turnvereins Aschach an der Donau und Mitglied der Burschenschaft Donauhort Aschach. Auch der Wiener FPÖ-Gemeinderat Dietbert Kowarik war beim Turnfest in Mödling anwesend und trug das Shirt des Wiener ÖTB-Vereins Sechshaus. Kowarik ist ebenfalls Mitglied der Burschenschaft Olympia und steht in Verbindung zu Identitären-Gruppen.
Die FPÖ hat auch dafür gesorgt, dass die Veranstaltung durch das Land Niederösterreich und die Stadt Mödling finanziell unterstützt wird. Es ist nicht bekannt, wie viele Steuergelder für die rechte Veranstaltung verwendet wurden – allerdings lassen die vielen Plakate zur Bewerbung des Turnfests sowie die hohen Besucherzahlen darauf schließen, dass die Veranstaltung großzügig finanziert wurde.